(openPR) Trennungsunterhalt wegen Fehlverhalten reduziert – OLG München – 12 UF 265/23 e
Bevor eine Ehe geschieden wird, muss das Paar in der Regel ein Trennungsjahr absolvieren. Während dieser Zeit kann Anspruch auf Trennungsunterhalt bestehen. Den Anspruch auf Trennungsunterhalt kann ein Ehepartner aber zumindest zum Teil verlieren, wenn er während der Ehe ein besonders krasses Fehlverhalten gezeigt hat. Das zeigt ein Beschluss des OLG München vom 22. August 2024 (Az.: 12 UF 265/23 e).
Das zeigt auch der Fall vor dem OLG München. Das Paar hatte 1988 geheiratet. Nachdem der Ehemann 1992 sein Studium beendet und eine Stellung angenommen hatte, beendete die Ehefrau ihre Tätigkeit als Sekretärin und war seitdem nicht mehr berufstätig. Kinder hatte das Paar nicht. Der Mann machte Karriere und stieg in den Vorstand des Unternehmens auf und wurde 2018 zum Vorstandsvorsitzenden.
Die Ehe verlief weniger erfolgreich. Nach zwischenzeitlichen Trennungen hatte sich das Paar jedoch wieder versöhnt, bis es im April 2016 zum endgültigen Bruch kam. Anlass für die Trennung war, dass die Frau ihren Mann nach einer verbalen Auseinandersetzung mit einer Schere im Halsbereich verletzt hatte und dieser sich in ärztliche Behandlung begeben musste. Bei der Frau war im Jahr zuvor ein Mammakarzinom festgestellt worden, das operativ entfernt werden musste. In der Folge litt die Frau an Depressionen.
Im Februar 2023 wurde die Ehe geschieden. Der Trennungsunterhalt war ein großer Streitpunkt zwischen dem Paar. Das OLG München entschied, dass die Frau vom Zeitpunkt der Trennung bis zur Scheidung der Ehe einen Anspruch auf Trennungsunterhalt habe. Die Höhe des Trennungsunterhalts werde im Wesentlichen bestimmt durch das in der Ehe zur Deckung des Lebensbedarfs verfügbare Einkommen der Eheleute und im Wege der Halbteilung ermittelt. Dieser Ansatz beruhe auf der Annahme, dass das gesamte vorhandene Einkommen für den Lebensunterhalt der Ehegatten verwendet wurde und wird. Bei höheren Einkommen liege aber auch die Vermutung nahe, dass ein Teil des Einkommens nicht für den Lebensunterhalt verbraucht wird, sondern ein Teil in die Vermögensbildung fließt, führte das OLG aus. Dann müsse der unterhaltsberechtigte Partner vortragen, in welchem Umfang das Familieneinkommen für den Konsum verbraucht worden ist.
Der vollständigen Verbrauch des Familieneinkommens könne noch angenommen werden, wenn dieses das Doppelte des höchsten Einkommensbetrages der Düsseldorfer Tabelle nicht übersteigt. Bei noch höheren Einkommen müsse der Unterhaltsberechtigte die vollständige Verwendung des Einkommens für den Lebensbedarf darlegen, wenn er Unterhalt nach dem Halbteilungsgrundsatz begehrt, stellte das OLG München weiter fest.
Aufgrund der Aussagen des Ehemanns im Scheidungsverfahren sei davon auszugehen, dass das gesamte Einkommen für den Lebensbedarf verwendet und keine Vermögensbildung betrieben wurde. Die Frau habe daher grundsätzlich Anspruch auf Trennungsunterhalt in Höhe der Hälfte des monatlichen Einkommens des Ehepaars, so das OLG München.
Aufgrund ihrer depressiven Erkrankung sei die Frau erwerbsunfähig gewesen. Allerdings habe sie nicht alles Zumutbare zur Herstellung ihrer Erwerbsfähigkeit unternommen, führte das
Zudem habe die Frau ihren Ehemann mehrfach körperlich angegriffen und ihn auch an seinem Arbeitsplatz und in der Öffentlichkeit diskreditiert. Darüber hinaus habe sie auch eine unberechtigte Strafanzeige gegen ihn erhoben, ihn beschimpft, nachgestellt und bedroht. Im Rahmen der Billigkeitsabwägung kam das OLG München daher zu dem Entschluss, dass der Anspruch der Frau auf Trennungsunterhalt aufgrund ihrer vielfältigen Übergriffe, Beleidigungen und Nachstellungen um 60 bzw. 70 Prozent zu vermindern ist.