Die einzellige Grünalge Chlamydomonas reinhardtii ist ein sogenannter Modellorganismus: eine Art, die Forschende besonders häufig untersuchen, um allgemeine biologische Prinzipien zu verstehen. Bekannte Beispiele sind Fruchtfliegen, die in der Genetik genutzt werden, oder Mäuse, die in der Medizin als Modell für den Menschen dienen. C. reinhardtii ist insbesondere in Bereichen wie der Molekularbiologie und der Erforschung der Photosynthese und Lichtrezeptoren in lebenden Zellen, des Zellstoffwechsels und des Proteintransports ein etablierter Modellorganismus. Wissenschaftliche Studien erfordern die zuverlässige Präparation von lebensfähigen Zellkulturen, deren einzelne Zellen sich in ihren Eigenschaften gleichen. Hierfür benötigen Forschende verlässliche Kultivierungsmethoden.
C. reinhardtii ist eine lichtempfindliche Grünalge, deren Verwendung sich in jüngster Zeit von den Lebenswissenschaften auf weitere Forschungsfelder wie die Biophysik, die Statistische Physik, die Fluiddynamik und das Bioingenieurswesen ausgeweitet hat. Obwohl einige technische Aspekte in der Kultivierung von C. reinhardtii mit mikrobiologischen Standardverfahren übereinstimmen, erfordert die Zucht und Vermehrung dieser Grünalge durch ihre Lichtempfindlichkeit und die gleichzeitige Beweglichkeit maßgeschneiderte Kultivierungsprotokolle. Im Gegensatz zu anderen Modellorganismen in der Biologie benötigt C. reinhardtii nämlich nicht nur besondere Temperatur- und Atmosphärenbedingungen, sondern außerdem eine spezielle, an ihren Tagesrhythmus angepasste Beleuchtungsumgebung.
„Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung kontaktieren uns immer wieder Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Welt bei Problemen und Fragen hinsichtlich ihrer Zellkultivierung. Dies hat uns angespornt, unsere Expertise allgemein verständlich und detailliert zu verschriftlichen und der wissenschaftlichen Gemeinschaft in Form eines umfassenden Methodenwerks zur Verfügung zu stellen“, sagt Prof. Dr. Oliver Bäumchen vom Lehrstuhl für Experimentalphysik V der Universität Bayreuth.
Die Überprüfung der erfolgreichen Kultivierung basiert auf der präzisen Charakterisierung der Zellform, des Wachstums der Zellpopulation und der Beweglichkeit der Zellen. Dazu verwenden die Forschenden mikroskopische Methoden in Kombination mit speziell dafür entwickelter computergestützter Bildverarbeitung. Zusammen mit der Schritt-für-Schritt-Anleitung stellt das Forschungsteam auch die verwendeten Algorithmen und Computercodes als frei zugängliche Open-Source Software zur Verfügung. Zudem enthält das Protokoll Abschnitte zum „Troubleshooting“, in denen vermehrt aufgetretene Probleme und Fehlerquellen beschrieben und Hilfestellungen gegeben werden, wie die Fehler im Labor behoben werden können. Abschließend beinhaltet das Methodenpapier eine Liste mit artverwandten Mikroorganismen sowie genetisch veränderten Zellstämmen, die ebenfalls mit den im Protokoll beschriebenen Methoden erfolgreich kultiviert und analysiert werden können.
„Die Sammlung von Algenkulturen der Universität Göttingen stellt ihre lebenden Bestände weltweit für Forschung, Lehre und Biotechnologie zur Verfügung. Unsere Stämme von Chlamydomonas werden besonders häufig angefragt. In der neuen, sehr detaillierten Anleitung haben wir unsere vielfältigen Kenntnisse zu dessen Kultivierung zusammengefasst. Damit unterstützen wir vor allem all jene Forschenden, die sich erstmals mit diesem faszinierenden Modellorganismus beschäftigen“, ergänzt Dr. Maike Lorenz von der Abteilung Experimentelle Phykologie und Sammlung von Algenkulturen der Universität Göttingen.
Das Methodenpapier ist aus einer Kollaboration zwischen der Universität Bayreuth und der Algensammlung der Universität Göttingen entstanden. Die Studie wurde vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) gefördert.
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