(openPR) Stellen Sie sich dieses Trampolin mal vor: Es ist 0,2 Millimeter breit und sein Sprungtuch ist gerade mal 20 Millionstel eines Millimeters dick. Seine Oberfläche ist komplett durchlöchert: Über seine gesamte Fläche zieht sich ein regelmäßiges Muster aus dreieckigen Löchern, jeweils mit abgerundeten Spitzen. Doch wenn es schwingt, ist es kaum zu bremsen: Es verliert nahezu keinen Schwung. Einmal angestoßen, würde es beinahe ewig weiterschwingen.
Bei diesem Trampolin geht es keineswegs nur um ein Auf und Ab. In den verschiedenen Regionen seiner durchlöcherten Oberfläche schwingt das Trampolin simultan in unterschiedliche Richtungen, auch seitwärts. Im Zentrum entsteht sogar eine Art „Trampolin im Trampolin“. Das Verrückteste: Der Fluss der Schwingungen verläuft hier sogar „um die Ecke“, in einem perfekten Dreiecksmuster.
Warum aber wurde dieses Trampolin entworfen, wenn doch niemand darauf springen kann? Mit echten Trampolinsprüngen hat diese Konstruktion freilich wenig zu tun. Die Köpfe hinter dem Trampolin – Physiker*innen der Universität Konstanz, der Universität Kopenhagen und der ETH Zürich – wollen damit vielmehr neue Methoden des Phononen-Transports demonstrieren.
Bei dem „Trampolin“ handelt es sich in Wirklichkeit um einen Wellenleiter für Phononen: eine schwingende, ultradünne Membran aus Siliziumnitrid. Phononen sind sozusagen „Schallquanten“, also die elementaren Anregungen, auf denen Schwingungen des Kristallgitters eines Festkörpers beruhen. Die Physiker*innen wollen anhand des „Trampolins“ zeigen, wie sich Phononen mittels einer einzigartigen Oberflächenstruktur (basierend auf Prinzipien der mathematischen Topologie) nahezu verlustfrei „um die Ecke“ leiten lassen. Das ist zum Beispiel in einem Schaltkreis in Mikrochips wichtig, in dem Signale über Kanten und Kurven hinweg geleitet werden sollen.
Der beobachtete Effekt ist beeindruckend: Die Phononen können mithilfe der speziellen Oberflächenstruktur sogar um enge Kurven im Winkel von 120 Grad geführt werden, mit nahezu keinem Verlust. Der Schwund an Phononen, die in der Kurve „zurückprallen“, anstatt um die Ecke geleitet zu werden, beträgt weniger als eins zu zehntausend. „Diese extrem niedrige Verlustrate ist auf Augenhöhe mit moderner Telekommunikationstechnik“, zeigt der Konstanzer Physiker Oded Zilberberg auf.
Zilberberg interessiert sich für genau solche topologischen Effekte in Oberflächenstrukturen und wie man sie für Anwendungen nutzbar machen kann. Ganze Straßen für Phononen ließen sich auf diese Weise bauen, schildert er. Zilberberg entwarf das spezielle Design des Trampolins. In die Praxis umgesetzt wurde es daraufhin von seinen Kolleg*innen an der Universität Kopenhagen und der ETH Zürich. Die Ergebnisse des Forschungsteams wurden nun jüngst in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.
Doch könnte das Trampolin auch „in Menschengröße“ nachgebaut werden? „Tatsächlich habe ich schon mal darüber nachgedacht“, erzählt Zilberberg. „Das wäre auf jeden Fall ein lustiges Experiment. Ich gehe davon aus, dass das Prinzip durchaus auch in großem Maßstab funktionieren würde.“ Ohne Sturzhelm sollte aber wohl niemand darauf springen.
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